Windgeschwindigkeiten mit dem Smartphone messen

Zum ersten Mal über das Gadget von Vaavud bin ich auf Facebook, wo es beworben wurde. Gerade für den typischen Chartersegler – wie mich – klang es interessant. Mit der Zeit entwickelt man zwar ein ungefähres Gefühl für die vorherrschende Windstärke, aber wie es halt mit Gefühlen ist: man kann sich nicht wirklich darauf verlassen. Leider findet man heute auf nur wenigen Charterbooten eingebaute Aneometer. Wer also eine gewisse Verlässlichkeit haben möchte, muss sein eigenes Gerät mit an Bord bringen. Was liegt da näher, als ein einfaches Aufsteckgerät für ein Smartphone zu nutzen. Ein Smartphone dürfte heute so gut wie jeder Segler sein Eigen nennen. Es stellte sich mir also nun die Frage, ob der Windmesser aus Dänemark einsetzbar ist.
Der Windmesser mit dem Namen Sleipnir kommt von einem dänischen Technologie-Startup und ist bereits die zweite Generation eines Windmessers. Technisch funktioniert er ähnlich wie ein herkömmliches Anemometer, d.h. ein Flügelrad mit 2 Flügeln wird durch den Wind in Rotation versetzt und anhand der Umdrehungsgeschwindigkeit wird die Windgeschwindigkeit bestimmt.
Vavuud LieferungGadget eines Startups

Das kleine Windrad ist meinem 3,5mm Klinkenstecker ausgestattet, welcher in die Kopfhörer-/Mikrofonbuchse des Smartphones gesteckt wird. Was technisch im Windrad geschieht lässt sich nur erahnen. Die erste Vermutung ging in die Richtung, dass durch die Rotation ein Ton in wechselnder Frequenz erzeugt wird. Töne konnten aber nicht wirklich aufgenommen werden, d.h. es schein ein unhörbares Frequenzband zu sein.
Nun aber zum Vaavud Sleipnir: Das Gadget kommt in einer schicken Kunststoffdose. Neben dem Windrad findet der Käufer einen kleinen Beutel mit einem Karabinerhaken in der Verpackung. Somit kann man das Windrad bequem an einer Gürtelschlaufe festmachen und mit sich führen. Das Windrad selbst besteht aus einem zweiflügeligen Rad, welches optisch ein Wenig an einen Trichter erinnert. In einem der Flügel ist eine rechteckige Öffnung.
Befestigt wird das Sleipnir via Klinkenstecker in der Kopfhörer-/Mikrofon-Buchse des Mobiltelefons.
Um das Sleipnir nutzen zu können, muss man sich die Vaavud-App kostenlos im Google-Playstore, bzw. über iTunes herunterladen und ausführen. Ggf. muss eine Lautstärke-Warnung für das Mikro bestätigt und eine Kalibrierung durchgeführt werden. Dies geschieht durch mehrfaches, kräftiges Anpusten des Windrades. Schon ist das Sleipnir einsatzbereit.

Kalibrierung Vavuud

Wie wurde getestet
Nach Aufstecken des Windrades, Installation der entsprechenden App und der Kalibrierung wurde zuerst die allgemeine Funktion geprüft.
Um eine Windgeschwindigkeit zu messen, richtet man das Mobiltelefon möglichst über dem Kopf aus und lässt das Rad vom Wind anströmen. Um die Messung zu beginnen, muss der Button “Starten” betätigt werden.
Das Windmeter wurde mit unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten angeströmt und zeigte entsprechende Schwankungen in Form eine von sich ändernden Geschwindingkeitsanzeigen und einer Verlaufskurve auf dem Handy-Screen. Nach dem Stoppen der Messung wird zusätzlich die durchschnittliche Geschwindigkeit angezeigt, d.h. ein Mittelwert.
Generell bietet das Vaavud folgende Einheiten an:
• Meter pro Sekunde
• Stundenkilometer
• Meilen pro Stunde
• Knoten
• Beaufort-Skala
Der Wechsel der Anzeige erfolgt durch ein kurzes Tippen auf den Punkt „Einheit“ innerhalb der App. Mit welcher Einheit standardmäßig gestartet werden soll, kann individuell festgelegt werden.

App-Berechtigungen
Hinsichtlich der Berechtigungen erfordert die App in der Androidversion Zugriffe auf das Mikrofon, den aktuellen Standort und sowie Netzwerke. Letztere Punkte sind dazu geeignet, um die gemessenen Werte zu übertragen und so die Informationen auch für andere abrufbar zu machen. Wer es wünscht, kann die gemessenen Werte auch via Facebook teilen.
Funktion Vavuud

Anwendung
Ist das Sleipnir kalibriert kann man loslegen. Idealerweise wählt man als erstes die Einheit aus, in der man den Wind messen möchte. Es sei denn, dass man in den Optionen bereits seinen Standard vorbelegt hatte. Die Messung startet man über den Startbutton. Sofort fängt die Aufzeichnung an, welche man in Form von Zahlen aber auch eines Grafen verfolgen kann. Als Indikator wie lange man messen muss, füllt sich ein Fortschrittsbalken. Die Messung muss durch einen Klick auf Stopp beendet werden. Hier wäre es schöner, wenn ein automatisches Ende vorgesehen wäre. Dieses Verfahren kann an Bord eines Schiffes – wenn man schnell mal eben den Wind messen möchte – als etwas störend empfunden werden, da der Messdurchlauf recht lange Zeit (30 Sekunden) in Anspruch nimmt.
Um gute Ergebnisse zu erzielen hält man das Smartphone möglichst hoch über den Kopf.
Das Handling ist denkbar einfach und man muss relativ wenig beachten. Teilweise zeigt das Windrad allerdings Schwächen im Anlaufverhalten, d.h. es setzt sich nicht in Drehung. Zur Abhilfe kann man das Smartphone schräg halten, so dass der Wind von unten in das Windrad einströmen kann. Funktioniert dies auch nicht, so kann man das Rad mit einem Finger andrehen.

Genauigkeit
Wie genau arbeitet das Vavuud Sleipnir? Das ist sicherlich eine der maßgeblichen Fragen bei einem solchen Tool.
Entsprechend der Herstellerangaben misst das Tool den Wind zwischen 2 m/s und 40 m/s (>12 bft) mit einer Genauigkeit von +/- 4%. Die Abweichung der Windrichtung wird mit +/- 10% angegeben.
Um die Genauigkeit zu prüfen wurde das Windrad mit unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten angeströmt. In 10 km/h Schritten wurde jeweils der Wind erhöht und einzelne Messungen durchgeführt bis Orkanstärke mit 120 km/h erreicht wurde.

Vavuud

Der genaue Messverlauf ist in der grafischen Darstellung zu sehen. Im Rahmen der Messungen war zu beobachten, dass auch bei gleichmäßiger Anströmung Schwankungen in der gemessenen Windgeschwindigkeit zu beobachten waren. Die Schwankungen konnten sogar akustisch an den Laufgeräuschen festgestellt werden.
Vermutlich war das auch den Entwicklern des Sleipnir aufgefallen, so dass man sich für das Verfahren einer Langzeitmessung entschieden hat, welches in der App implementiert wurde.
Beachtet man die gemessenen Spitzenwerte nicht, so stellt man fest, dass die gemessene Durchschnittsgeschwindigkeit recht genau ist. Die beobachteten Abweichungen liegen bei ca. 4, was auch den Herstellerangaben entspricht. Für den Alltagsgebrauch ist es sicherlich gut geeignet.
Die Genauigkeit der Windrichtung ergibt sich aus dem eingebauten Kompass des jeweiligen Smartphones (Das Bootshandel-Magazin hat Kompass-Apps bereits verglichen) und ist bei den getesteten Devices vom Typ Samsung S3, iPhone 4, Google Nexus 5 als recht passabel anzusehen. Das der Hersteller hier eine Abweichungsangabe macht, ist als gewagt anzusehen, da die Richtung von der Genauigkeit des Smartphones abhängen dürfte und nicht durch das Anemometer selbst beeinflusst wird.
Kompatibilitätsprobleme konnten mit verschiedenen Android-Versionen ab 4.3 nicht festgestellt werden, lediglich CyanogenMod (Android-Derivat) machte Probleme. Hierunter ließ sich die App nicht ans Laufen bringen.

Kaufen
Der Aktuelle Marktpreis für das Vavuud Sleipnir liegt bei 59,00 €. Die Preise für reine Anemometer schwanken zwischen rund 20 € und mehreren 100 €, so dass das Tool von Vavuud hier sicherlich im korrekten Preissegment anzufinden ist. Der große Vorteil ist und bleibt die einfache Verwendbarkeit. Nicht gebraucht findet das Windrad in der kleinsten Ecke Platz.