Aus dem Alltag eines Charter-Skippers

Sie sind in den Häfen oft verschrien, sorgen gerne für großes Hafenkino und sind der Albtraum jedes Eigners – aber sie bringen auch das Geld in die Häfen und sind ein wichtiger Teil des Tourismus: Die Charter-Skipper mit ihren Crews.
Als Skipper einer Charteryacht kann man so Einiges erleben und man hat teilweise einen etwas ande-ren Blickwinkel auf Häfen und Infrastruktur.
Samstag: Meist beginnt es schon recht chaotisch bei der Anreise. Man kommt mit dem bis unter das Dach beladenen Auto, die Crew in den Font gequetscht, am Hafen an und sucht zuerst einen Parkplatz. Der “Parkplatz direkt am Steg” ist auch nur 15 Fußminuten von der Charteryacht entfernt. Wie gut, dass es da diese kleinen Bollerwagen gibt, die man sich für den Transport der Ladung kostenlos aus-leihen kann. Es stehen auch zwei Stück für die gefühlten 50 Crews zur Verfügung.

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Aber, man darf es nicht so negativ sehen, denn zumindest im Ausgangshafen des Vercharterers wird man Landanschluss und einen vollen Wassertank haben.
An Bord gibt es dann die üblichen Spielchen, wie das Auslosen der Kojen und der Aufgaben. Stellt sich nur noch die Frage, ob man sofort ablegen will oder erst am nächsten Tag. Die Erfahrung zeigt, dass der reibungslose Prozess der Bootsübergabe, des Beladens, Verstauens… einen Großteil des ersten Chartertages ausmacht. Nur ca. die Hälfte aller Charteryachten verlässt den Heimathafen am ersten Tag – bestenfalls zu einem kurzen Erkundungstörn. Legt man doch ab, trifft man die anderen meistens im nächstgelegenen Yachthafen wieder.
Sonntag: Der nächste Morgen bricht an und man ist damit dann auch schon bei der Fragestellung: Wo soll der Törn eigentlich hinführen? Welche Route wird eingeschlagen? Hier gibt es die “Ich habe Alles (auch die Alternativen und Ausweichhäfen) bereits zu Hause am Schreibtisch geplant”- und die “Mal gucken ob und wenn ja woher der Wind kommt”-Fraktion. Egal welcher man angehört, wie sieht denn der eigentliche Törn dann in Realität aus? Nach einem kurzen oder langen Segeltag läuft man in die Zielmarina ein – es sei denn man scheitert an der Hafeneinfahrt von der man im Hafenhandbuch lapi-dar lesen kann: “neigt zum Versanden”. Im Hafen angekommen, versucht man sich zu orientieren und das schematische Bild des Hafens auf die Realität zu mappen. Das kann schon anspruchsvoll sein. Die von der Wassertiefe ausreichenden Bereiche fährt man im Schritttempo – Manövrierfähigkeit bei Sei-tenwind lässt grüßen – ab, auf der Suche nach einem freien Liegeplatz. Wenn man Glück hat, sind die Liegeplätze über farbige (rot/grün) Schilder gekennzeichnet. Ist der Liegeplatz durch das Crew-Mitglied an der Bugspitze entdeckt, kommt es zum Anlaufen des Platzes. Gleichzeitig sieht man den Hafen-meister aus dem Augenwinkel auch losrennen. Es wird ein Wettlauf, den der Hafenmeister mit einer Handlänge Vorsprung gewinnt, um das grüne Schild schnell in ein rotes zu tauschen. Hebel auf rück-wärts und zurück auf Los, ohne 4000 Mark einzuziehen.
Endlich hat man einen anderen Liegeplatz gefunden, eine Box. Mit der “schlanken” Cruiser-Variante des Charterboots, welches viel Innenraum bietet, kommt man bis zur ersten Klampe, bevor man zwi-schen den Pfählen stecken bleibt. Die dritte Box passt dann endlich… Anlege-Bier.
Montag: Der nächste Tag bringt neues Glück und abends eine neue Marina. Hier ist alles viel schöner und besser. Es gibt Schwimmstege mit Fingerstegen dran und ausreichend viele freie Plätze. Die Fin-gerstege reduzieren aber die Aussichten auf lustiges Hafenkino ein Wenig, wenn andere (es sind immer die Anderen) die Nachbarboote rammen oder sich mit dem Oberschenkel als Fender dazwischen wer-fen. Dafür gibt es aber auch neue Herausforderungen. So zum Beispiel das Thema Übergewicht. Was hat nun das Gewicht mit dem Fingersteg zu tun? Springen Sie mal mit knapp über 100 kg von einer Hochbordingen Charteryacht auf den (Klein-)Fingersteg. Wenn sie ihn durch Zufall treffen, taucht der Steg gefühlt mindestens eine Fadenlänge (1,85m) unter ihnen ab. Nachdem diese Gelegenheit für ein erfrischendes Bad im Hafenbecken verstrichen ist, wird das Boot festgemacht. Anlegeschluck! Anlege-schluck! Anlegeschluck! Es reift die Erkenntnis, Häfen mit befingerten Schwimmstegen besser erst zum Ende des Törns anzulaufen, damit man den leeren (!) Bierkasten als Treppenstufe zum Ein- und Aussteigen benutzen kann. Die Alternative heißt: Trinken bis der Arzt kommt und der Kasten leer ist: Anlegeschluck!
Dienstag: Der dritte Tag auf dem Wasser lässt schnell die Strapazen in den Häfen vergessen und man genießt das Meer in vollen Zügen. Unterwegs begegnet man immer wieder anderen Yachten und liefert sich eine Regatta nach der anderen. Gegen Nachmittag und Abend wird es dann ruhiger auf dem Was-ser. Die Sonne senkt sich langsam in das Meer und die Stimmung ist famos, während man durch die inzwischen befeuerte Hafeneinfahrt einläuft und schnell einen Platz findet. Diesmal völlig unproble-matisch an der Kaimauer. Es wird gut abgefendert festgemacht. Es ist 22:00 Uhr und der Hafenmeister des kleinen verträumten Yachthafens sitzt schon lange bei seiner Familie auf dem Sofa. Dumm nur, dass er auch die Schlüssel für Duschen und WCs raus gibt und die Steckplätze für den Landanschluss freischaltet. Also spart man Strom und benutzt die Bord-Toilette. Jeden Tag zu duschen wird sowieso überbewertet.
Mittwoch: Für den Tag ist ein langer Schlag geplant und so will man pünktlich um 7:00 Uhr die Leinen losschmeißen. Während man gerade im Ablegemanöver begriffen ist erscheint der Hafenmeister und kassiert 20,00 € für die Nichtnutzbarkeit der Hafeneinrichtungen. Der Tag beginnt schon mal sehr gut.
Zum Glück reißt der 4 Törntag dann alles wieder heraus. Bis zu dem Zeitpunkt wo man gegen 17:00 Uhr in den geplanten Hafen einläuft und feststellt, dass kein einziger Liegeplatz mehr zu bekommen ist. Selbst nicht im Päckchen. Also weitere 15 sm zum nächsten Hafen. Dort legt man in der letzten Box an und erfährt während des Anlegeschlucks von den Nachbarn rechts und links, dass man auf dieser Route besser gegen Mittag in einen Hafen einläuft, wenn man sicher einen Platz haben will.
Donnerstag: Diesmal geht es wie am Schnürchen. Der Törn ist perfekt und im Hafen findet man eine schöne passende Box. Das Boot wird vertäut. Jetzt fehlt nur noch Wasser, weil der Wassertank fast leer ist und Strom. Dummerweise liegt die Box nun genau zwischen zwei Strom-/Wasserentnahmestellen am Steg. Das Kabel wird ausgebracht und es fehlen 1,50m. Also den Bootsnachbarn fragen, ob man das Kabel quer über sein Vorschiff spannen darf. Zum Glück ist dies kein Problem und man steckt das Kabel nun die letzte freie Dose. Die ist leider defekt und liefert keinen Strom – das erklärt auch, wa-rum sie als Einzige am ganzen Steg frei ist. Die Sache mit dem Frischwasserbunkern verläuft ähnlich. Der Schlauch ist zu kurz. Gut, für einen Tag wird es noch reichen, da muss man dann wohl eher Bier als Kaffee trinken. Anlegeschluck!
Freitag: Der letzte Tag führt wieder in Richtung der Ausgangshafen, da man samstags in der Regel bis 10:00 Uhr das Boot zurück geben muss. Wenn man nahe genug am Startpunkt ist, kann man aber am Samstagmorgen auch noch 5-10 sm zum Abschluss segeln. Der Tag verläuft gut und die Zielmarina rückt langsam näher. Die Ruhe ebbt ab, da man ja noch schnell einen letzten Blick auf die Hafenein-fahrt auf der Seekarte und den Hafen im Hafenhandbuch werfen muss, um sicher zu gehen, dass man alles richtig behalten hat. Oh..oh.. und jetzt drückt der Darm. Naja, bis zum Hafen ist es nicht mehr weit – kein Problem. Hafenfahrt passiert und in die erste Boxengasse: Keine Box mehr frei, wenden auch engstem Raum und zurück in die nächste Gasse. Auch nichts frei. Der Darm drückt doller – also rückwärts raus, das geht schneller als wenden. In der 7. Gasse ist endlich eine Box frei, die zweite von der Seeseite. Der Darm!!! Schnell anlegen. Zum Glück kennt man das Boot inzwischen sehr gut und fährt die Box sehr zügig an. Kurz AK zurück. Perfekt aufgestoppt. Schnell die erste Leine rüber. Die Crew macht den Rest und der Skipper rennt los. Wo sind denn die Sanitäranlagen. Auf der anderen Seite der Marina. Bei normaler Geschwindigkeit nur 10 Gehminuten. Im Dauerlauf geht es schneller. In letzter Sekunde ist das Klo erreicht. Schnell eine freie und dreckige Kabine gefunden. Puh… fast wäre der Darm geplatzt. Aber wo ist das Klopapier!? Wie gut, dass andere Menschen die Hilferufe hören und spontan helfen.
Samstag: Der letzte Schlag zum Ausgangshafen. Nur ein kurzer Schlag von 9 sm, das ist bei super Wind und der Yacht in 1,5 Stunden geschafft. Es könnte nicht besser sein. Aber dann dauert es weitere 1,5 Stunden, bis man endlich an der Bunkerstation an der Reihe ist. Der Diesel ist mit 2,00 € pro Liter fast ein Schnäppchen! Irgendwann ist das Gepäck ausgeladen, das Boot abgetaucht und man sitzt im Auto auf dem Heimweg und träumt vom nächsten Chartertörn.

Was wünscht sich ein Charter-Skipper von einer guten Marina… neben einer guten Ausstattung (WLAN, Diesel, Fäkalien-Pumpe, saubere (!!) Duschen und Toiletten…)?
• Stimmende Wassertiefenangaben
• Kurze Wege
• Die Möglichkeit im Voraus einen Liegeplatz zu reservieren
• Ausreichende Strom- und Wasserabnehmer
• Gute Beschilderung
• Wenn Schwimmstege, dann in ausreichender Höhe
• Zugängliche Sanitärräume
• Einen freundlichen Hafenmeister
Eigentlich ist es doch gar nicht schwer, oder?

Und warum gibt es eigentlich Marina Guide? Damit jeder die Möglichkeit hat, Informationen über Häfen zu suchen und auch zu veröffentlichen. Marina Guide ist nach einem Törn entstanden bei dem einige Ostsee-Häfen angelaufen wurden, die man besser nicht noch einmal besucht….
Inzwischen ist Marina Guide eines der größten Portale über Yachthäfen.